Kommentare zu Tagesthemen Fortsetzung

Eigenständige Meinungen abseits des "Mainstreams" sind sehr rar in unserer Presselandschaft. Nachstehende Kommentare vom stv. Chefredakteur Georg Anastasiadis im "Münchner Merkur", die wir hier zitieren, verdienen deshalb besondere Aufmerksamkeit.

Die Kanzlerin in Kreuth

Ein Stück aus dem Tollhaus

München,  20.1.16 - Gestern erreichte den Verfasser dieser Zeilen die Mail eines Lesers: „Meine Frau und ich haben unsere Urlaubspläne erst mal auf Eis gelegt. Wir wollten eigentlich im Frühjahr einen Kurzurlaub in Leipzig machen, aber so sicher scheint es ja dort auch nicht zu sein. Köln, meine Heimatstadt, ist ebenfalls gestrichen.“

 

Deutschland im Frühjahr 2016, das ist eine Republik im emotionalen Ausnahmezustand. Man mag viele Ängste für übertrieben, gar hysterisch halten. Aber Fakt ist: Das Land taumelt in die Vertrauenskrise – und jeder weitere Tag, an dem die Kanzlerin und die sie tragenden Parteien ihre Unfähigkeit demonstrieren, sich auf Maßnahmen zur Begrenzung des ungezügelten Migrantenstroms zu einigen, vergrößert den Schaden.

 

Merkel mit leeren Händen.  Die Woche von Kreuth markiert den chaotischen, wenn auch nur vorläufigen Höhepunkt dieses Stücks aus dem Tollhaus. Die fassungslose Repu- blik wurde Zeuge von offenen Drohbriefen, rüden Ultimaten, Aufforderungen zum „Klappe halten“, von Schwächean-fällen, eines meuternden Bundesministers und am Ende einer Kanzlerin, die, als sei sie von einem anderen Stern, abermals mit leeren Händen vor ihre Kritiker trat. CDU und CSU am Rande des Nervenzusammenbruchs: Wundert sich da einer, dass nur noch jeder fünfte Bundesbürger der Union zutraut, die Probleme des Landes lösen zu können? Die Krise, die als Flüchtlingskrise begann und rasch zur Einwan-derungskrise mutierte, nimmt zunehmend Züge einer Parteien- und Demokratiekrise an. Das Urvertrauen in die Problemlösungskompetenz von Staat und Politik erodiert. Und selbst im Ausland wächst die Sorge, Europas scheinbar unerschütterliche Vormacht könne instabil werden.

Die Kanzlerin verteidigt ihre Grenzenlos-Politik mit dem Argument, es gehe um die Rettung Europas. Doch das behaupten auch jene Länder, die just das Gegenteil tun und ihre Grenzen schließen. Wie das sozialdemokratisch geführte Österreich, Merkels letzter Verbündeter, das gestern wie zuvor Schweden vor der Realität kapitulierte und sich von Merkel prompt heftige Vorhaltungen anhören musste. Selbst wenn die Kanzlerin Recht hätte: Jetzt geht es nicht mehr nur um die Unversehrtheit Europas. Es geht um die Unversehrtheit Deutschlands. Sie zu wahren ist wichtiger als die Rettung Schengens. Oder des eigenen Gesichts.

Vernichtende Kritik an Merkel - Staatsversagen

"Akt der Selbstermächtigung" der Kanzlerin

München, 13.1.2016  „Paris ändert alles“, war eine nach den Terroranschlägen vom November viel gehörte These zur deutschen Flüchtlingspolitik. Das war voreilig: Damals gelang es der Kanzlerin noch, eine Brandmauer zu errichten zwischen ihrer Asylpolitik und aufkeimenden Debatten um eine durch sie ausgelöste Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Der mediale Dammbruch erfolgte erst Wochen später, in der Silvesternacht. Erst Köln hat alles geändert: Seither nennt die Polizei Ross und Reiter. Und Journalisten tun wieder, wozu sie da sind: Sie schauen hin, greifen Ängste der Bürger auf und berichten über Gewaltausbrüche auch dann, wenn die Täter nicht als rechter Mob daherkommen, sondern sich unter Schutzsuchenden in Flüchtlingsheimen verbergen.

 

Das Abstreifen von Denkverboten bietet die Chance auf einen Neuanfang in der Flücht-lingspolitik – jenen Neuanfang, dem schon bisher nicht die politische Vernunft, sondern nur Merkels Angst vor dem Gesichtsverlust im Wege stand. Eine Asylpolitik mit Herz und Augenmaß muss endlich zu unterscheiden beginnen zwischen dem legitimen Asylanspruch bedrohter Menschen und unerwünschter Massenimmigration aus Ländern, in denen, wie in Marokko oder Algerien, kein Krieg herrscht und junge Männer nicht massenhaft von Unrechtsregimen gepeinigt werden. Diese Unterscheidung muss an der Grenze stattfinden und nicht erst dann, wenn Hunderttausende bereits im Land untergetaucht sind. Vor allem muss dem Recht wieder Geltung verschafft werden: Es ist absurd, dass der Bundestag zustimmen muss, wenn 100 Soldaten nach Mali fliegen – aber nicht, wenn in einem „Akt der Selbstermächtigung“ (so der Verfassungsjurist Michael Bertrams) die Kanzlerin über eine Million Migranten ins Land lässt.

 

Die vernichtende Kritik früherer Verfassungsrichter wie Udo di Fabio und Hans-Jürgen Papier an der „Wir-schaffen-das-schon-irgendwie“-Politik erschüttert CDU und CSU als die Staatsparteien schlechthin. Wenn Deutschlands beste Grundgesetz-Kenner ein „Versagen des Staates als Garant von Freiheit und Sicherheit“ feststellen und eine Abkehr von der Grenzenlos-Politik fordern, hat das Gewicht. Mehr Gewicht als der inszenierte Jubel vom CDU-Parteitag. Merkel wird darauf – und auf die unter ihren Abgeordneten kursierenden Unterschriftenlisten – zu reagieren haben. Wen

 

Sündenbock Polizei

Gipfel der Schäbigkeit

München, 12.1.2016. Nur langsam verzieht sich nach der Kölner Skandalnacht der Rauch der Nebelkerzen, die Politiker aller Couleur gezündet hatten, um sich aus der Gefahren- zone zu bringen. Nach ersten Beschwichtigungen, es gebe „keine Hinweise“ auf die Beteiligung von Flüchtlingen, musste NRW-Innenminister Jäger im Landtag nun eine bemerkenswert andere Lagebeurteilung einräumen. Nach zehntägiger Schamfrist heißt es jetzt, die Exzesse seien „fast ausschließlich“ von Migranten aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum begangen worden. Von den 19 bisher ermittelten Tatverdächtigen seien 10 Asylbewerber, alle übrigen hätten illegal die Grenzen nach Deutschland überquert. Wenn sich schon die Herkunft der Täter nicht mehr leugnen lässt, so hält die rotgrüne Landesregierung in NRW doch eisern an ihrem Sündenbock fest: Es sei die Polizei, die in der Silvesternacht ein „nicht akzeptables“ Bild abgegeben habe.

 

Das ist der Gipfel der Schäbigkeit. Mit Verlaub: Wer ein inakzeptables Bild abgibt, ist vor allem die Politik. Genauer: Es sind die Architekten jener Tür-Auf-Ideologie, die nicht das hunderttausendfache Einsickern nicht asylberechtigter Migranten als Skandal anprangern, sondern Bayerns Ruf nach Grenzkontrollen. Und die sich nicht schämen, jetzt die Polizei zu beschimpfen für ein von ihnen selbst importiertes neues Kriminalitäts-Phänomen. Es ist billig, wenn der wendige SPD-Chef Gabriel plötzlich nach dem „starken Staat“ ruft, nach scharfen Asyl-Gesetzen und mehr Härte der Polizei, nach Residenzpflicht und Abschiebun- gen, kurz: nach allem, was SPD und Grüne bisher als Todsünden wider die Willkommens-kultur ablehnten.

 

Schon sieht die CDU das rotgrüne NRW nach dem Desaster in Köln und dem Terrorfall Recklinghausen auf dem „Höhepunkt des Staatsversagens“ angelangt. Besser wäre es, sie würde angesichts des von ihr mitverursachten Chaos an den Grenzen ihr eigenes Versagen zugeben – und genau zuhören, was Ex-Verfassungsrichter Udo di Fabio der Kanzlerin zu sagen hat: „Staatsgrenzen sind die tragenden Wände der Demokratien. Wer sie einreißt, sollte wissen, was er tut. Es mag schwer sein, Grenzen in einer wirksamen und zugleich humanen Weise zu schützen, aber dieser Aufgabe kann keine Regierung entgehen.“ An den Grenzen, nicht in Kölns Polizeiinspektionen und Amtsgerichten, entscheidet sich Deutschlands Zukunft. Wer anderes behauptet und von der „ganzen Härte des Rechtsstaates“ schwadroniert, zündet die nächste Nebelkerze. Über eine Woche Jugendarrest lachen sich die Macho-Grapscher doch tot.

Kritik an Kanzlerin zeigt Ratlosigkeit der SPD

München - Jetzt sorgen sich sogar schon die Genossen um die Union. Angela Merkel, klagt SPD-Fraktionschef Oppermann, habe mit ihrer Flüchtlingspolitik die Konservativen vergrault und der AfD in die Arme getrieben. Das ist zutreffend beobachtet, unterschlägt aber, dass der Großen Koalition noch eine zweite Volkspartei angehört, die ebenfalls ihre heilige Not damit hat, angesichts der von ihr mitvertretenen Grenzenlos-Politik ihre Schäfchen beisammenzuhalten. Zu den Sympathisanten der Alternative für Deutschland gehören heute auch viele frühere SPD-Wähler aus den Arbeitervierteln. Das verwundert kaum, sind sie es doch, die oft Tür an Tür leben mit den 2015 neu zugezogenen 1,35 Millionen Migranten. Und die mit ihnen konkurrieren: um die Wohnung, einen einfachen Job oder einen Arzttermin.

 

Das alles der Kanzlerin in die Schuhe zu schieben, ist ein bisschen billig. Vor allem zeigt es die Ratlosigkeit der SPD, die zerrissen ist zwischen einem linken Flügel, der seine moralischen Ideale hochhält, und dem bürgerlichen Teil der Partei, der von denselben Ängsten geplagt wird wie viele Unionswähler. In Wahrheit haben die Genossen nach der Eurorettung in der Einwanderungspolitik ihr zweites großes Verliererthema gefunden. Es ist bezeichnend, dass die SPD trotz der Umfragen-Talfahrt der Union im 24-Prozent-Kerker festhängt. Die Sozialdemokratie ist, neben der um ihre absolute Mehrheit bangenden CSU, die Hauptleidtragende des Einzugs der AfD in die Parlamente. Für Rotrotgrün reicht es bald nirgendwo mehr. Merkel und ihre CDU aber können sich auch mit 30 Prozent noch aussuchen, ob sie im Bund und in den Ländern lieber mit der SPD oder den Grünen als Juniorpartner regieren. Das ist der Grund für die Verzweiflung Oppermanns, nicht die staatspolitisch verbrämte Angst vor dem Erstarken der Rechten. Die hält das demokratische System schon aus.

Bayern darf Grenze nicht selbst kontrollieren - Bundespolizei überfordert

Ideologie vor Schutz? Unregistriert nach Deutschland

München, 28.12.2015 -  Hat da jemand Sorge, dass die bayerische Polizei Einreisenden kein freundliches Gesicht zeigt? Oder ist es die Angst vor dem eigenen Gesichtsverlust? Die Berliner Weisung, Beamte des Freistaats nicht zur Sicherung der eigenen Grenzen zuzulassen und lieber die zahlenmäßig überforderte Bundespolizei allein weiterwursteln zu lassen, macht ratlos. Der Verdacht drängt sich auf, dass von Mitgliedern der Bundes-regierung Ideologie über den Schutz der Bürger gestellt wird. Denen dürfte es herzlich egal sein, ob es nun Bundes- oder Landespolizei ist, die ihre Sicherheit gewährleistet – Hauptsache, es wird überhaupt kontrolliert. Es ist ein Irrsinn, dass sich bayerische Polizisten wegen des Zuständigkeits-gerangels jetzt einige Meter hinter der Grenze postieren, um ihren Dienst tun zu können.

 

Terrorgefahr vermeiden Bei allem Dissens über Merkels Flüchtlingspolitik sollte hierzulande doch in einer Frage Einigkeit herrschen: Eine Situation wie in diesem Jahr, da Hunderttausende unregistriert ins Bundesgebiet einreisten, darf sich 2016 nicht wieder-holen. Zu groß ist angesichts der Terrorgefahr das Risiko, dass sich auch Reisende mit wenig lauteren Absichten das Chaos an den Grenzen zunutze machen. Auch der Kanzlerin muss bewusst sein: Am verwundbarsten sind die Flüchtlinge selbst. Passiert etwas, werden sie es sein, die Misstrauen und Ausgrenzung am härtesten zu spüren bekommen. Weit über das Maß hinaus, das leider heute schon zu beobachten ist, wenn „Wutbürger“ Asyl-Unterkünfte angreifen und sich an den Schwächsten vergreifen.

 

2015 konnte sich die Kanzlerin den Luxus erlauben, sich bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms auf das Engagement Ehrenamtlicher zu verlassen. Dass jeder zehnte Bundesbürger mit anpackte, war ein bewundernswertes Zeichen bürgerschaftlichen Engagements, das Deutschlands Ansehen in der ganzen Welt mehrte. 2016 aber muss das Jahr der Exekutive und der Verwaltung werden. Die Asylverfahren müssen verkürzt, Abschiebungen konsequent vollzogen und die Grenzen besser geschützt werden. Wenn die Bundesregierung das nicht mit eigenen Kräften schaffen kann, muss sie eben nachrüsten. Oder die Bayern um Hilfe bitten. Auch wenn’s schwerfällt.

 Berauscht: CDU-Parteitag feiert Angela Merkel

"Die Grenzenlos-Kanzlerin!"

München, 15.12.2015  - Jedem ihrer inner- wie außerparteilichen Kritiker hat Merkel in Karlsruhe klargemacht: Sie bleibt die Meisterin aller Klassen. Jedenfalls in Deutschland, vielleicht auch nur in der Karlsruher Parteitagshalle. Draußen im Land ist die Welt eine andere, kommentiert Georg Anastasiadis.

 

Karlsruhe. So dumm, auf offener Parteitagsbühne Selbstmord zu begehen, sind in Deutschland nur die SPD-Genossen. Beim Kanzlerinnenwahlverein CDU werden Lebens- müde und andere Unruhestifter per Parteitagsregie entwaffnet: Ein paar geschickt eingeflochtene Sätze im Leitantrag, etliche vorbeugende Telefonate mit den wichtigsten Kritikern, dazu eine souveräne Rede der Vorsitzenden – das reichte, um die CDU-Dele- gierten auf dem Karlsruher Parteitag in Euphorie zu versetzen. Das ist keine geringe Leis- tung angesichts des Umstands, dass in der Partei die Zeichen vor diesem Wochenende noch auf Sturm standen.

 

Angela Merkel hatte auf den Unmut reagiert. Aber, wie es ihre Art ist, nur in Tippelschrit- ten: Flüchtlings-Obergrenzen lehnt sie weiter strikt ab, ein deutsches Grenzregime ebenso. Immerhin eine andere, unsichtbare Grenze akzeptiert sie jetzt: eine Grenze der Machbar- keit. Wenn man sich vergegenwärtigt, wo die Grenzenlos-Kanzlerin herkommt, ist das schon was. Mehr war nicht drin, seit die Chefin der Großen Koalition die Fortsetzung ihrer liberalen Asylpolitik zu einer Frage der Ehre – und damit zu einer Frage der Macht – stilisiert hat. Wie Adenauer bei der Westbindung und Kohl bei der Wiedervereinigung sieht sich Merkel in der Flüchtlingskrise auf historischer Mission.

 

Realität lässt sich nicht wegklatschen. Allen anderen bleiben da nur Statistenrollen. Jedem ihrer inner- wie außerparteilichen Kritiker hat Merkel in Karlsruhe klargemacht: Sie bleibt die Meisterin aller Klassen. Jeden- falls in Deutschland, vielleicht auch nur in der Karlsruher Parteitagshalle, wo sich die Machtmaschine CDU gestern so grandios an sich selbst berauschte. Draußen im Land ist die Welt eine andere: Da laufen der Union die Wähler in Scharen davon und der AfD zu. Und wenn die Kanzlerin übermorgen zum Gipfel nach Brüssel reist, wird sie feststellen, dass die anderen in ihr nicht mehr die gefeierte Anführerin Europas sehen. Sondern die Störenfriedin, die mit ihrer Flüchtlingspolitik den Kontinent entzweit. Das ist fatal, weil sich Merkels Mission ohne die Hilfe der EU-Partner bei der Verteilung der Migranten kaum zu einem erfolgreichen Ende bringen lässt. Mochten die CDU-Delegierten ihrer Kanzlerin noch so begeistert applaudieren: Diese neue Realität lässt sich nicht wegklatschen. Und manchem Rausch folgte schon der Kater. Für die Union könnte sich Karlsruhe noch als verpasste Chance erweisen.

Was ist  d e r  Islam? - Muslime, raus aus der Schmollecke!

München, 10.12.2015.  Donald Trump fordert ein Einreiseverbot für Muslime und blamiert sich. Jedoch: An der zunehmend militanten Abwehrhaltung gegenüber dem Islam sind die Wortführer der Muslime nicht ganz unschuldig. Ein Kommentar. 

Jeder blamiert sich, so gut er kann – und Donald Trump kann’s ganz besonders gut. Die Forderung des US-Präsidentschaftskandidaten nach einem Einreiseverbot für Muslime verrät viel: über ihn selbst.

 

Aber auch über eine nicht nur in den USA, sondern auch bei uns zunehmend militante Abwehrhaltung gegenüber dem Islam, unter der Muslime leiden, an der ihre Wortführer aber nicht ganz unschuldig sind. Denn egal, was im Namen dieser Religion passiert – Terroranschläge, Ehrenmorde, Unterdrückung von Frauen –, Kritiker werden stets mit derselben wohlfeilen Formel belehrt: Das habe nichts mit „dem“ Islam zu tun. Wie wenig das viele Bürger überzeugt, zeigte zuletzt der Wahlerfolg der Rechtsradikalen in Frankreich.

 

Was also ist dann „der“ Islam? Auffällig ist, dass er dort, wo er als Staatsreligion gelebt und gelehrt wird, ganz anders auftritt als bei uns, wo sich die Anhänger Mohammeds als Minderheit mit einer (noch) christlich dominierten Gesellschaft arrangieren. Was also ist von Steinigungen zu halten, die Ehebrecherinnen nach dem Scharia-geprägten Staatsrecht in einem Dutzend Ländern drohen? Ist das noch Islam oder schon Pervertierung durch wahhabitische oder andere Fundamentalisten? Und wenn es Pervertierung ist: Wie kann es dann sein, dass sich viele deutsche Muslimgemeinden ihre Moscheen samt Imamen von reichen Glaubensfanatikern aus Saudi-Arabien und Katar bezahlen lassen (in Frankreich sind es gar 60 Prozent)? Ausgerechnet Katar, wo weltrekordverdächtige 48 Prozent der Facebook-Nutzer den Terror von Paris  feierten! Es ist diese Doppelbödigkeit, die irritiert und Misstrauen sät.

 

Je flächendeckender muslimische „Einzeltäter“ zuschlagen, desto hohler wirkt die beleidig- te Opferpose, mit der muslimische Würdenträger auf Vorhaltungen reagieren. Es stimmt ja: In ihrer erdrückenden Mehrheit sind die in der westlichen Diaspora lebenden Muslime friedfertig. Aber es gibt noch immer zu viele, die es nicht sind, als dass sich ihre Reprä-sentanten mit Worthülsen aus der Verantwortung ziehen könnten. Wenn sich Muslime in unserer Mitte angenommen fühlen möchten, dann müssen ihre Verbände raus aus der Schmollecke und selbst aktiv werden. Dann dürfen sie ihre Freitagsgebete nicht mehr von Predigern halten lassen, die in ihrer Heimat einen mittelalterlichen Islam pflegen oder vom Religionsamt einer zunehmend islamistischen Türkei entsandt werden. Es gibt viel zu tun. Die Bundesregierung täte gut daran, hier als Impulsgeber aufzutreten, statt fragwürdige Dialogpartner zu hätscheln.

So will Europa Flüchtlinge abwehren - Die "Koalition der Willigen"

 

München, 7. 12.2015  - Ginge es nach Kanzleramtsminister Altmaier, soll jetzt eine „Koalition der Willigen“ Deutschland vor dem Flüchtlingsnotstand retten. Weil Osteuropa, aber auch Frankreich, Spanien und Britannien der Kanzlerin keine Zuwanderer abnehmen wollen, müsste eine Handvoll Freiwilliger mit gutem Beispiel vorangehen. Nur wer? Selbst Schweden ist ja zum „Geberland“ geworden. Man ahnt es: Die „Willigen-Koalition“ ist das nächste verzweifelte Rückzugsgefecht des Kanzleramts vor dem Eingeständnis, mit dem Flüchtlings-Verteilungsplan gescheitert zu sein.

 

In Wahrheit hat man sich übers Wochenende auch in Berlin damit abgefunden, dass sich die Flüchtlingskrise nach Merkels Rezept – die guten Deutschen helfen und die Türken machen sich die Finger schmutzig – nicht lösen lässt. Stattdessen soll die EU-Grenzschutz- behörde Frontex (mit deutscher Beteiligung?) künftig in der Ägäis patrouillieren und „gerettete“ Migranten umgehend in die Türkei zurückbringen. Das schmeichelt nicht dem europäischen Selbstbild von der moralischen Supermacht. Und noch weniger gefällt es den gebeutelten Griechen, die weitere Eingriffe in ihre Hoheitsrechte verabscheuen und überhaupt die nordwärts strebenden Flüchtlinge lieber rasch durch Hellas hindurch-schleusen würden. Angesichts der immer aggressiveren Stimmung an der verriegelten griechisch-mazedonischen Grenze, wo tausende „Illegale“ festsitzen, hat die EU aber keine Wahl, als selbst in das Drama einzugreifen.

 

Noch nicht vom Tisch ist damit die Idee eines „Mini-Schengen“ (ohne Griechenland), die Athen so erschreckte, dass es schließlich in den Frontex-Einsatz an seiner Küste einwilligte. Schafft es die türkisch-europäische Grenzschutzflotte nicht, die Südostflanke der EU zu sichern, kommt auch die Schließung der binneneuropäischen Grenzen wieder auf die Agenda. Die Bundesgrenzen, die die Kanzlerin wegen der deutschen Erblast nicht mit Polizeigewalt schützen lassen will, würden dann eben nicht in Freilassing, sondern hinter Graz und vor Zagreb verteidigt. Europas Bürger lieben ihr Recht auf offene Grenzen. Aber noch wichtiger ist den meisten ihr Recht auf Ordnung und Sicherheit.

Auf Geduld kann Merkel nicht mehr zählen

 

München 26.11.2015.  - "Deutschland, so ließ sich zu Wochenbeginn SPD-Chef Gabriel vernehmen, müsse endlich die „staatliche Steuerung und Kontrolle“ über den Flücht-lingsansturm zurückgewinnen. Eine „Atempause“ beim Zuzug forderte gar seine Stell-vertreterin Manuela Schwesig. Neue Töne in der Flüchtlingspolitik? Da haben wir uns wohl verhört. Den frommen Wünschen der Genossen folgte in der Bundestags-Generaldebatte am Mittwoch nur lautes Schweigen darüber, wie man sie in Erfüllung gehen lassen könnte. Mit Obergrenzen jedenfalls nicht, beschied Fraktionschef Oppermann die CSU kühl. Nicht mal das gerade mit der Union vereinbarte Asylpaket II will die SPD mehr mittragen.

 

Derweil bat die Kanzlerin der offenen Grenzen ihr Volk um „Geduld“. Doch genau darauf kann sie nicht mehr zählen angesichts von 180.000 Flüchtlingen, die allein in den ersten drei Novemberwochen die (imaginären) deutschen Grenzen überschritten und die frei- willigen Helfer an den Rand des Zusammenbruchs brachten.

 

Europa scheitere, wenn es noch mehr Muslime aufnehme

Die angeschlagen wirkende Kanzlerin konnte einem fast leidtun, wie sie erneut für ihren Plan zur Verteilung von Flüchtlings-Kontingenten auf ganz Europa warb. Denn genau diesen Plan hatte nur Stunden zuvor Frankreichs Premierminister Valls getötet, indem er einen Aufnahmestopp von Nahostflüchtlingen für die ganze EU verlangte. Merkels Satz, Europa scheitere, wenn es bei der solidarischen Flüchtlingsverteilung scheitere, verkehrt das vom Terror traumatisierte Frankreich damit ins Gegenteil: Europa scheitere, wenn es noch mehr Muslime aufnehme.

 

Nicht nur Paris, London und Warschau stellen sich gegen Berlin. Die skandinavischen Länder, die lange an der Seite Merkels gestanden hatten, machen gerade ebenfalls ihre Grenzen dicht. Und auch die Hoffnung der Kanzlerin, die Autokraten Erdogan und Putin könnten gemeinsam die EU-Außengrenzen schützen, hat sich am Dienstag in Rauch aufgelöst. Die Bundesregierung trat im Bundestag mit leeren Händen vor ihr aufgewühltes Volk – es sei denn, Merkels Warnung vor einem Scheitern von Schengen wäre als Hinweis zu verstehen, dass nun auch Deutschland die Wiedereinführung seiner Grenzen erwägt. Das allerdings wäre dann die Merkel-Rolle rückwärts."

Denkverbote in Zeiten des Terrors

 

München, 19.11.2015  - „Europa ist im ´Krieg gegen den Terror`, aber jeder führt ihn anders. Die Franzosen mit Härte: mit der Ausweisung ausländischer Hassprediger und der Schließung von Moscheen, in denen radikales Gedankengut verbreitet wird. Die Deutschen mit Denkverboten: Beteiligung an UN-Missionen in Syrien? Undenkbar! Abschiebung gewaltbereiter Salafisten? Da seien unsere Gerichte – und der großzügig verteilte Doppelpass – vor! Und über allem die neue deutsche Staatsideologie: Eine Vermengung von Terrorgefahr und muslimische Zuwanderung ist streng verboten.

 

Das ist genauso blauäugig, wie es früher die fanatische Ablehnung der Vorratsdaten-speicherung bei uns war. (In Frankreich waren es, nebenbei gesagt, überwachte Telefon-gespräche, die die Ermittler auf die Spur der Mörder brachten. )Bei aller Entrüstung über Markus Söder: Selbstverständlich gibt es immer einen inneren Konnex zwischen islamistischen Terror und der aktuellen Zuwanderungswelle, wenn auch weniger in der von ihm behaupteten etwas schlichten Form, wonach sich Terroristen direkt unter die Flücht- linge mischen.; Terroristen finden meist bequemere Wege nach Europa. Viel gefährlicher sind die Brutstätten muslimischer Eiferer in unseren Vorstädten, wo Integration in der Vergangenheit oft scheiterte und Hassprediger die Gotteskrieger von morgen züchten.

 

Schaffen wir, dass diesmal alles anders wird? Je mehr junge Männer aus der arabischen Welt zu uns kommen, desto weniger werden wir am Ende unser Versprechen einlösen können, allen eine Wohnung, einen Job, eine Perspektive anbieten zu können. Wo aber die Hoffnungen enttäuscht werden, wächst die Verführbarkeit, gedeihen wie in den Banlieus von Marseilles und Paris die Parallelgesellschaften. Dann schlägt die Stunde der Dschi-hadisten. Davor die Augen zu verschließen, ist politisch korrekt und so großkoalitionär deutsch, dass sogar CSU-Chef Seehofer mitmacht. Aber leider ist es auch hochgefährlich.“

Berauscht: CDU-Parteitag feiert Angela Merkel

"Die Grenzenlos-Kanzlerin!"

München, 15.12.2015  - Jedem ihrer inner- wie außerparteilichen Kritiker hat Merkel in Karlsruhe klargemacht: Sie bleibt die Meisterin aller Klassen. Jedenfalls in Deutschland, vielleicht auch nur in der Karlsruher Parteitagshalle. Draußen im Land ist die Welt eine andere, kommentiert Georg Anastasiadis.

 

Karlsruhe. So dumm, auf offener Parteitagsbühne Selbstmord zu begehen, sind in Deutschland nur die SPD-Genossen. Beim Kanzlerinnenwahlverein CDU werden Lebens- müde und andere Unruhestifter per Parteitagsregie entwaffnet: Ein paar geschickt eingeflochtene Sätze im Leitantrag, etliche vorbeugende Telefonate mit den wichtigsten Kritikern, dazu eine souveräne Rede der Vorsitzenden – das reichte, um die CDU-Dele- gierten auf dem Karlsruher Parteitag in Euphorie zu versetzen. Das ist keine geringe Leis- tung angesichts des Umstands, dass in der Partei die Zeichen vor diesem Wochenende noch auf Sturm standen.

 

Angela Merkel hatte auf den Unmut reagiert. Aber, wie es ihre Art ist, nur in Tippelschrit- ten: Flüchtlings-Obergrenzen lehnt sie weiter strikt ab, ein deutsches Grenzregime ebenso. Immerhin eine andere, unsichtbare Grenze akzeptiert sie jetzt: eine Grenze der Machbar- keit. Wenn man sich vergegenwärtigt, wo die Grenzenlos-Kanzlerin herkommt, ist das schon was. Mehr war nicht drin, seit die Chefin der Großen Koalition die Fortsetzung ihrer liberalen Asylpolitik zu einer Frage der Ehre – und damit zu einer Frage der Macht – stilisiert hat. Wie Adenauer bei der Westbindung und Kohl bei der Wiedervereinigung sieht sich Merkel in der Flüchtlingskrise auf historischer Mission.

 

Realität lässt sich nicht wegklatschen. Allen anderen bleiben da nur Statistenrollen. Jedem ihrer inner- wie außerparteilichen Kritiker hat Merkel in Karlsruhe klargemacht: Sie bleibt die Meisterin aller Klassen. Jeden- falls in Deutschland, vielleicht auch nur in der Karlsruher Parteitagshalle, wo sich die Machtmaschine CDU gestern so grandios an sich selbst berauschte. Draußen im Land ist die Welt eine andere: Da laufen der Union die Wähler in Scharen davon und der AfD zu. Und wenn die Kanzlerin übermorgen zum Gipfel nach Brüssel reist, wird sie feststellen, dass die anderen in ihr nicht mehr die gefeierte Anführerin Europas sehen. Sondern die Störenfriedin, die mit ihrer Flüchtlingspolitik den Kontinent entzweit. Das ist fatal, weil sich Merkels Mission ohne die Hilfe der EU-Partner bei der Verteilung der Migranten kaum zu einem erfolgreichen Ende bringen lässt. Mochten die CDU-Delegierten ihrer Kanzlerin noch so begeistert applaudieren: Diese neue Realität lässt sich nicht wegklatschen. Und manchem Rausch folgte schon der Kater. Für die Union könnte sich Karlsruhe noch als verpasste Chance erweisen.